© stock. adobe. com/Gerhard Seybert Trotz eines allgemeinen Rückgangs der ländlichen Diebstähle während des Lockdowns, ist die Kehrseite, dass Kriminelle härter zuschlugen und neue Taktiken anwandten.
In Deutschland gibt es keine offizielle Statistik, die Kriminalität gegen Landwirte zusammenfasst. Deshalb fehlt hierzulande auch das Problembewusstsein, was Diebstähle von Maschinen und Vieh oder auch das illegale Müll abladen, auf landwirtschaftlichen Flächen, für die betroffenen Bauern bedeutet.
Im Vereinigten Königreich ist das anders. Dort trägt der ländliche Versicherer NFU Mutual die Daten zusammen. Und das Unternehmen organsiert gemeinsam mit den Behörden und der Polizei sowie mit Landwirten Schutzmaßnahmen. Viele der Entwicklungen in Großbritannien lassen sich sicherlich auf Deutschland übertragen und auch deutsche Behörden und Landwirte können daraus etwas lernen.
Dieser Tagen hat der britische Versicherer nun seinen Report für das erste Coronajahr 2020 veröffentlicht. Dabei sind drei Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe und ländlichen Unternehmen bei NFU Mutal versichert. Es ist also ein sehr detailliertes Bild der finanziellen und sozialen Auswirkungen der ländlichen Kriminalität möglich. Landdiebstahl kostete das Vereinigte Königreich im Coronajahr 2020 etwa 43,3 Mio. Pfund, was einem Rückgang von 20 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Vor allem der Lockdown trug dazu bei, Kriminelle vom Land fernzuhalten, und auch die verbesserte Sicherheit auf den Farmen und durch die ländliche Polizei spielten eine Rolle bei der Reduzierung der Straftaten. Organisierte Kriminelle plagten jedoch während der Pandemie trotzdem die Bauernhöfe und stahlen hochwertige landwirtschaftliche Geräte und auch Vieh. Hinter jedem Verbrechen stehen enorme Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Landwirte und es gibt oft weiterreichende soziale Folgen für die Familien.
Im Lockdown: Weniger Verbrechen – dafür aber „Härtere“
Jim McLaren, selbst Landwirt und Vorsitzender von NFU Mutal, sagt: „Als Landwirt kenne ich aus persönlicher Erfahrung, dass ländliche Kriminalität in welcher Form auch immer – wie etwa landwirtschaftlicher Fahrzeugdiebstahl, Viehdiebstahl oder illegale Müllentsorgung –weit mehr als eine Unannehmlichkeit ist.
Es ist eine schlimme Störung, die echte Auswirkungen haben kann, auf das Arbeitsleben eines Bauern, das Familienleben und das psychische Wohlbefinden – besonders in kritischen Zeiten wie der Ernte.“ NFU-Mutual-Mitarbeiter arbeiten deshalb ständig mit der Polizei zusammen und mit Landwirten und anderen ländliche Organisationen, um die ländliche Kriminalität zu bekämpfen.
Trotz eines allgemeinen Rückgangs der ländlichen Diebstähle während des Lockdowns, ist die Kehrseite, dass Kriminelle, härter zuschlugen und neue Taktiken anwandten. Untersuchungen von NFU Mutual ergaben, dass 45 % der Landwirte in großem Stress lebten, aus Angst vor Überfällen und Diebstählen.
„Die Gefahr, Opfer ländlicher Kriminalität zu werden, kann hinzukommen zu Gefühlen der ländlichen Isolation, daher ist es wichtig, dass wir zusammenarbeiten unterstützen sich gegenseitig im Kampf gegen die ländliche Kriminalität“, sagt McLaren.
Ländliche Kriminalität bedroht Existenzen
GPS-Diebstahl boomt, Viehdiebstahl auch
NFU Mutal berichtet auch über einen Anstieg des GPS-Diebstahls. Diese Systeme (GPS) sind weltweit sehr gefragt und wurden zu einem Hauptziel der Landdiebe. Gangs, die als „Rural Wraiths“ bezeichnet werden, verwenden jetzt geräuschlose Elektroroller, um die 10.000 Pfund teuren Systeme der Landwirte zu stehlen und sich davonzumachen und erreichen auch auf Landstraßen hohe Geschwindigkeiten.
Ohne GPS-Systeme – ein wesentlicher Bestandteil moderner Landwirtschaft – verzögern sich die Ernten können und die Landwirte sind arbeitsunfähig. NFU Mutual hat spezialisierte Polizeieinsätze im ganzen Land bei der Bekämpfung von GPS-Diebstahl organsiert. Tragbare, hochwertige Quads und Geländefahrzeuge wurden im Lockdown ebenfalls häufig gestohlen. Diese Fahrzeuge, die doppelt so viel kosten können wie ein normales Quad, machen 14 % aller Fahrzeug-Diebstähle aus, verglichen mit 11 % im Jahr 2019.
Von britischen Farmen wurden auch Nutztiere im Wert von schätzungsweise 2,3 Millionen Pfund gestohlen. Die Nachfrage nach Lockdown-Haustieren trieb zudem den Hundediebstahl voran. Im Laufe des letzten Jahres hat NFU Mutual einen deutlichen Anstieg der Kosten für den Diebstahl von Haustieren verzeichnet. Betroffen sind vor allem Arbeitshunde für die Schafhaltung.
Ländliche Kriminalität: Ein düsteres Bild
Hundeangriffe, Müllkippen und Cyberkriminalität
Die zunehmende Hundehaltung fordert aber noch einen anderen Tribut. Eine tragische Auswirkung des Land-Besuchs von Hundebesitzern war, dass die Zahl der Hundeangriffe auf Nutztiere ist um 10,2 % gestiegen ist. Die Kosten von Hundeangriffen auf Schafe und Rinder beliefen sich letztes Jahr auf 1,3 Millionen Pfund – und die Situation verschlechtert sich weiter: NFU-Mutual-Daten zeigen, dass die Kosten von Hundeangriffen-Angriffen im ersten Quartal 2021 um weitere 50 % gestiegen sind.
Die Geschichte hinter den Zahlen ist aber noch viel schlimmer. Die Angriffe verursachen erhebliches Leid bei Schafen und Rindern – und auch Hunde-Angriffe auf Landwirte werden zunehmend gemeldet.
Illegale Müllkippen auf Feldern und Feldwegen erreichten ebenfalls epidemische Ausmaße, da der Zugang zu Abfallrecyclingzentren durch den Lockdown eingeschränkt war. „Illegale Müllentsorgung ist eine ständige Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Tier, untergräbt die Sicherheit derer, die auf dem Land leben und arbeiten und ist eine bleibende Narbe in der Natur, berichtet NFU Mutal.
Landwirte werden außerdem auch zunehmend Opfer von Cyber-Betrug, sagt Martin Kennedy, Präsident der NFU Schottland. Cyberkriminalität ist eine rasch wachsende Gefahr für moderne Landwirte. NFU Mutual-Untersuchungen zeigen, dass 62 % der Landwirte ihre Internetnutzung während der Pandemie ausgeweitet haben. Von Phishing-E-Mails, die sich auf Farmen konzentrieren, bis hin zu betrügerischen Anzeigen für Landmaschinen, sind Cyberkriminelle unterwegs.
Nach Angaben der NFU hat fast die Hälfte (46 %) der Landwirte bereits Cyber-Sicherheitsverletzungen festgestellt oder auch Cyber-Angriffe.
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