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Mit dem Fahrrad durch London : Immer locker links bleiben

London auf dem Rad – das ist eine schnelle Alternative im dichten Verkehrsdschungel und eines der letzten Großstadtabenteuer. Wir haben uns in das Getümmel gestürzt.

10.09.2015, 12:38 Uhr

Links bleiben, links blieben, links bleiben – immer und immer wieder hämmere ich mir das Londoner Rad-Mantra in den Kopf. Rechts fließt träge die Themse, am Nordufer stauen sich die Autos kilometerlang die Grosvenor Road hinunter Richtung Westminster. Ich rolle links ganz locker auf einem schmalen, blau gestrichenen Radweg am alltäglichen Verkehrschaos vorbei. Schneller als der Bentley da, schneller als der feuerrote 911er – ein wunderbares Gefühl, irgendwie erhaben. Die Gedanken schweifen ab und so zieht es mich ganz automatisch mit dem Rad auf die rechte Seite des Wegs. So ist das eben in einem drin, wen man sein ganzes Leben lang auf der rechten Straßenseite gefahren ist. Ist in London aber nicht wirklich zu empfehlen. Eine Klingel schnarrt. Ich schrecke hoch, da ist einer auf direktem Kollisionskurs. Ich reiße das Radel nach links. Durchatmen, gerade noch mal gut gegangen.

Links, links, links – ich lasse die geistige Gebetsmühle noch ein wenig laufen aber dummerweise ist der Großteil der Radler in London Gast aus einem Rechtsfahrland wie ich. Also immer wach bleiben, gerade rauscht eine ganze Familie auf mich zu. Dieses Mal sind die auf der falschen Seite, aber ich will nicht ins Krankenhaus, nur weil ich im Recht bin. Also wieder ausweichen und den Touris ein energisches „Left, please!“ zubellen. Das mit links und rechts ist schon eine Herausforderung auf Londons Straßen, auch Kreisverkehre sind tricky, weil man ständig auf die falsche Seite schaut.

Alles, was man braucht, ist eine Kreditkarte

Das zweite Londoner Rad-Manko: es gibt zwar viele Radwege, die enden aber oftmals abrupt. Wie zum Beispiel an der Themse entlang. Es rollte prima, an der Tate-Galerie vorbei Richtung Westminster, 300 Meter weiter ist der blaue Streifen aber von einem Meter auf den anderen weg, verschwunden, disappeared. Danach fühlt es sich so an, als wollten sich die Autofahrer für das unverschämte Passieren von vorhin rächen. LKWs donnern knapp vorbei, Doppelstockbusse, Cabs und Mopeds. Wer jetzt nicht links bleibt, besser links klebt, der ist verloren.

London versteht sich zwar seit den Olympischen Spielen 2012 als Europas Velo-Hauptstadt, die Erfolge britischer Radprofis elektrisieren das Land, Rad fahren ist chic und alljährlich im August treffen sich 30 000 Velofreunde zu einem Hobbyrennen auf Londons gesperrten Straßen. Aber bei aller Zweirad-Euphorie fehlt es der Stadt an einem geschlossen Radwegenetz. Und von dem geplanten Super-Radweg von Nordost nach Südwest quer durch die City gibt es erst ein paar hundert Meter. Zudem sollte einem im Sattel bewusst sein, dass die gefühlt eine Million Taxifahrer das Radelvolk als abtrünnige Kunden einschätzt und entsprechend leiden lässt.

Ganz generell ist Rad fahren in London allerdings nicht nur schneller als Bus oder Taxi, sondern auch ziemlich einfach. Man braucht dazu eine Kreditkarte, das war es auch schon. Etwa 6000 robuste Mieträder mit Dreigang-Schaltung, Gepäckkorb und schnarrender Klingel warten an unzähligen Sammelstellen auf ihre Kunden. Man muss sich an einem dieser Raddepots mit der Kreditkarte an einem Terminal einchecken und dann geht es auch schon los. Für zwei Pfund (etwa 2,80 Euro) hat man 24 Stunden das Recht auf ein Rad. Man bekommt einen Code, mit dem sich die Vorderradsperre an der Andockstation löst, man kann das Velo rausziehen und los geht es.

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Einfach, schnell und günstig: Die Londoner Leihräder stehen an über 600 Standorten bereit. Sie lassen sich bequem per Kreditkarte anmieten. und an einer der nächsten Stationen wieder abstellen. © Jürgen Löhle

Achten sollte man dabei auf eines: Die zwei Pfund gelten für eine Leihzeit bis zu maximal einer halben Stunde, dann muss das Rad wieder an einer der Stationen angedockt werden. Nach fünf Minuten Wartezeit kann man sich das nächste Rad leihen. Wer eine längere Tour ohne Unterbrechung plant: Das kann ins Geld gehen, da alle 30 Minuten zwei Pfund dazukommen. Bei drei Stunden Kurbelei am Stück durch die City ist man dann zum Beispiel schon bei zwölf Pfund. Wer dagegen spätestens alle 30 Minuten mit einer kleinen Pause das Velo wechselt, bleibt 24 Stunden lang bei zwei Pfund.

No cycling heißt no cycling

Also lieber immer wieder Pause machen, auch wenn einen die überwiegend topfebene Stadt konditionell kaum fordert. Probleme eine Andockstation zu finden hat man im Zentrumsbereich keine – spätestens alle zehn Radminuten taucht eine auf. Eine entspannte und ruhige Tour geht zum Beispiel von Hyde Park Corner etwa 5 Minuten quer durch den Park, am Serpentine-Lake entlang bis zum Princess Diana Memorial. Die Straße durch den Park ist so breit und autofrei, dass die Links-Rechts-Problematik zur Nebensache wird. Am Memorial kann man den Drahtesel wieder andocken und sich ein paar Minuten die Wasserspiele der Gedenkstätte anschauen. Die Londoner haben im Lauf der Jahre das Kunstwerk zu einem Kinderspielplatz umfunktioniert, was der Prinzessin sicher gefallen hätte.

Mit dem nächsten Radelrutsch geht es weiter durch die Kensington Gardens nach Notting Hill, wo man das Rad dann direkt am Portobello Road Market wieder los wird. Wer ein Faible für gehobenen Flohmarkt-Ramsch von der Gasmaske über Pelzmäntel bis hin zu sehr vielen angeblichen Original-Accessoires britischer Rocklegenden hat, ist hier genau richtig. Zurück geht es dann ab der Tube-Station Queensway wieder durch den Park. Aber Achtung – Rad fahren ist in Londons Grünanlagen nur auf ausgewiesenen Wegen erlaubt. Wo „no cycling“ dran steht, gilt auch „no cycling“. Wer trotzdem nicht absteigt zahlt 60 Pfund, was angesichts der Kontrolleurdichte schnell passieren kann.

Dafür ist zum Beispiel die superbreite Prachtstraße The Mall sonntags für den Autoverkehr komplett gesperrt. Man kann also entspannten Tritts Richtung Buckingham Palace rollen. Das einen dort aber die Queen auf einen Tee bittet, ist eher unwahrscheinlich. So angesehen ist das Rad fahren in London dann doch wieder nicht.

Tipps für die Radeltour durch London

Im gesamten Innenstadtbereich gibt es unzählige Radstationen, an denen man sich mit einer Kreditkarte ein Rad ausleihen und später wieder andocken kann. Vorheriges buchen ist nicht nötig. Etwa 6000 dieser nach dem Verleih-Betreiber „Santander-Cycles“ genannten Räder stehen zur Verfügung, dass es an einer Station kein freies Rad mehr gibt, ist äußerst selten.

Die Velos sind robuste und auch ziemlich schwere Stahlräder mit Dreigang-Schaltung. Das Gewicht ist aber kein Problem, da es in London keine nennenswerten Anstiege gibt.

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