Schon zehn Minuten Radfahren am Tag haben einen positiven Effekt auf Muskulatur und Durchblutung. Was das Training sonst bringt, plus Trainingspläne fürs Radfahren.
Radfahren – auch mit wenig Zeit ein tolles Training
Egal, ob Alltagsradler oder Tempomacher, das Vier-Wochen-Programm für Soft – und Fitnessbiking stärkt die Muskeln und sorgt für jede Menge Kondition. Plus: einfache Dehnübungen, damit sich die Muskeln nach dem Training schneller erholen.
Soft-Biking
Was es bringt: Jede zurückgelegte Strecke auf dem Bike, sei sie auch nur zum Bäcker oder zur Arbeit, hat bereits einen positiven Effekt. Wer sich im Alltag so oft wie möglich aufs Rad schwingt, kann seinen Energieverbrauch bei insgesamt 90 Minuten pro Woche um bis zu 1200 Kilokalorien steigern. Fährt man außerdem eine kleine Tour am Wochenende, werden zusätzlich Kalorien verbrannt, und man tut etwas für die Ausdauer. Fest einplanen: 60 bis 90 Minuten Alltagsradeln pro Woche. Dabei immer die Minuten zählen, um auf die entsprechende Zeit zu kommen. Das Wochenende ist ideal für eine gemütliche Biking-Tour, die Strecke sollte aber möglichst eben sein. Nach dem Trip den Puls messen und die Muskeln mit einem leichten Stretching lockern.
Wichtig: Der Körper braucht Zeit, um sich an die Belastung zu gewöhnen. Darum nicht zu schnell radeln. Steile Streckenabschnitte besser umfahren oder absteigen und schieben.
Langsam starten: 75 Minuten Alltagsradeln pro Woche plus 30 Minuten Biking am Wochenende, Stretching.
75 Minuten Alltagsradeln pro Woche plus 35 Minuten Biking am Wochenende, Stretching.
Pensum leicht steigern: 80 Minuten Alltagsradeln pro Woche plus 45 Minuten Biking am Wochenende, Stretching.
90 Minuten Alltagsradeln pro Woche plus 60 Minuten Biking am Wochenende, Stretching.
Fitness-Biking
Was es bringt: Es trainiert vor allem die Leistungsfähigkeit. Wichtig dabei ist die richtige Belastungsintensität, die sich am besten über den Puls ablesen lässt. Neben dem Training sollte das Alltagsradeln nicht zu kurz kommen. Fest einplanen: 3-mal pro Woche eine Tour von 45 bis 120 Minuten. Zwischendurch immer mal wieder den Puls messen. Zu hoch? Dann Tempo und Tretgeschwindigkeit ändern. Vor der Tour immer aufwärmen: 10 Minuten auf ebener Fahrbahn und in einem niedrigen Gang langsam radeln. Anschließend den Widerstand per Schaltung erhöhen und das Tempo steigern. Wichtig: Beim sportlichen Radeln ist der Helm unverzichtbar, vor allem in der Stadt. Nach der Tour 5 Minuten langsam ausfahren und ein leichtes Stretching machen, um beanspruchte Muskeln zu lockern.
Ziel in den ersten beiden Wochen ist es, das Grundtempo möglichst konstant zu halten. Ab der dritten Woche wird die Kondition mit einem Intervalltraining auf Touren gebracht.
2-mal 45 Minuten in der Woche plus 60 Minuten am Wochenende, Stretching.
2-mal 45 Minuten in der Woche plus 75 Minuten am Wochenende, Stretching.
2-mal 60 Minuten in der Woche plus 90 Minuten am Wochenende. Intervalltraining: pro Tour 2- mal 5 Minuten das Tempo deutlich steigern, Stretching.
2-mal 75 Minuten in der Woche plus 120 Minuten am Wochenende. Intervalltraining: pro Tour 3-mal 5 Minuten das Tempo steigern, Stretching.
Stretching
Bei längeren Touren können Schultern, Arme und Beine schnell verspannen. Um sie wieder geschmeidig zu machen, brauchen sie nach dem Training ein leichtes Stretching. Dazu so weit in die Dehnung gehen, bis ein deutliches Ziehen im Muskel zu spüren ist. An der Dehngrenze werden kleine, sanfte Mini-Bewegungen in Dehnrichtung gemacht – etwa 15 Sekunden lang. Schmerzen die Muskeln zwischendurch, einfach absteigen und stretchen.
Die Beine sind leicht gegrätscht, das Rad steht sicher zwischen den Beinen. Den linken Arm lang nach vorn ausstrecken, die Handfläche zeigt nach oben. Nun die Finger der linken Hand mit der rechten Hand vorsichtig nach unten ziehen. Dabei spürt man einen leichten Zug im Unterarm. Danach Seitenwechsel.
Wieder vor den Fahrradsattel stellen und mit der einen Hand am Sattel, mit der anderen am Lenker festhalten. Mit dem linken Bein einen großen Ausfallschritt nach hinten machen und die Ferse vorsichtig zum Boden drücken. Das rechte Bein ist leicht gebeugt. Seitenwechsel.
Mit einer Hand seitlich am Rad festhalten. Die Ferse des linken Beines zum Po ziehen. Das Standbein leicht beugen und die Hüfte etwas nach vorn bringen. Jetzt den Po im Wechsel anspannen – das verstärkt die Dehnung im Oberschenkel – und wieder lockern. Kein Hohlkreuz machen und die Knie zusammen lassen! Seitenwechsel.
Direkt vor den Fahrradsattel stellen, eine Hand liegt darauf, die andere auf dem Lenker. Jetzt so weit zurückgehen, bis die Arme gestreckt sind und der Oberkörper gerade nach vorn geneigt ist. Die Knie sind leicht gebeugt. Nun Schultern und Brust etwas in Richtung Boden bewegen. Dabei spürt man ein leichtes Ziehen.
Text: Caroline Doose-Bruns Programme: Petra Regelin fachliche Beratung: Prof. Ingo Froböse, Sporthochschule Köln BRIGITTE Heft 16/2004
Ist E-Bike fahren gesünder als Fahrrad fahren?
Wer sich regelmässig moderat bewegt, kann seine Alterung bremsen. Mediziner wollen herausfinden, was Fahren auf einem E-Bike für die Gesundheit bringt.
Es muss ja nicht gleich so wild sein – Hauptsache, Sie sind mit dem Fahrrad unterwegs (Foto: Simon Connellan on Unsplash)
Bewegung ist gesund, das ist bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche. Dazu zählen Spazierengehen, Gartenarbeit oder auch Radfahren. Aber wie schnell muss man in die Pedale treten, damit das Training auch wirkt? Und gilt das eigentlich auch fürs Fahren auf einem E-Bike?
Hier hakt Uwe Tegtbur ein, Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). In einer Untersuchung wollen er und sein Team herausfinden, wie gross die körperliche Anstrengung beim Fahren mit und ohne Motor ist und wie stark der Trainingseffekt vom E-Bike zum Fahrrad variiert. Die Studie wird vom Bundesverkehrsministerium aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 gefördert.
Schon die Ergebnisse von Tegtburs erster Pedelec-Radfahrer-Vergleichsstudie sind vielversprechend. 2016 fuhren 101 Probandinnen und Probanden zwei Wochen mit einem E-Bike und zwei Wochen mit einem normalen Fahrrad; Dauer und Intensität ihrer Fahrten zeichneten sie über eine Smartphone-App auf.
Erstaunlich für den Mediziner war die Herzfrequenz der Teilnehmer: „Sie lag bei den E-Bike-Fahrten nur etwa zehn Schläge unter der der Fahrradfahrten.“ Seine Vermutung: Die Fahrer wählten einen Unterstützungsmodus, der ihnen das Fahren erleichterte, aber sie immer noch forderte. So hatten sie eine Herzfrequenz, die sich positiv auf ihr Herz-Kreislauf-System auswirkte.
Stressresistenter dank Radfahren
„Im Ruhezustand pumpt das Herz pro Minute etwa fünf Liter Blut durch die Adern. Das entspricht etwa einem Drittel Wasserglas pro Herzschlag“, erklärt Tegtbur. Steige der Puls von 70 auf 110 an, pumpe das Herz in 60 Sekunden etwa zwölf Liter durch die gleichen Blutgefässe. „110 ist immer noch eine moderate Belastung“, sagt der Wissenschaftler. Aber der gewünschte Effekt sei aus medizinischer Sicht bereits gut.
Denn während das Herz schneller pumpt, setzen die sogenannten Endothelzellen in den Blutgefässen Stickstoffmonoxid (NO) frei. Das sorgt dafür, dass sich die Gefässwände entspannen und erweitern. Folglich wird mehr Blut durch die Gefässe gelassen und der Blutdruck sinkt.
Um diesen Effekt zu erreichen, genügen bereits 20 Minuten Radfahren pro Tag. Wer 60 Minuten mit dem Rad unterwegs ist, steigert den Effekt. Dann ist der Blutdruck selbst 24 Stunden später und auch noch in der folgenden Nacht niedriger.
„Das ist ein super Nutzen“, sagt Tegtbur. „Den fühlen Sie auch im Kopf, weil sie entspannter und stressresistenter sind und über den Tag weniger Adrenalin ausstossen.“ Darum empfiehlt der Mediziner für die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit, morgens und abends mit dem Rad zu fahren.
In der ersten Pedelec-Studie – der bislang grössten – hat Tegtbur festgestellt, dass die Fahrer mit den E-Bikes 60 Prozent mehr gefahren sind als mit dem Rad ohne Motor, beispielsweise weil sie das Pedelec für die Fahrt zur Arbeit nutzten. „Der Alltag ist unsere grösste Ressource, um die Vorgabe der WHO zu erfüllen“, sagt der Forscher.
Radfahren kann biologisches Alter um 15 Jahre reduzieren
Das zeigt auch eine weitere Studie an der MHH: Die Idee war, unsportliche Mitarbeiter der Hochschule dazu zu bringen, sich täglich zu bewegen. 400 Männer und Frauen meldeten sich freiwillig. Sie hatten die Aufgabe, sich ein halbes Jahr lang werktags durchschnittlich 30 Minuten zu bewegen.
Das Angebot an der MHH war vielfältig und reichte von Schwimmen bis zu Training im Kraftraum. Tatsächlich hat aber gut ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Weg zur Arbeit modifiziert: Statt Auto, Bus oder Bahn zu nutzen, fuhren sie mit dem Fahrrad zur Arbeit.
Das Ergebnis der Studie: Die, die sich vorher nicht bewegt haben, kamen nun im Schnitt auf 207 Minuten körperliche Aktivität pro Woche, also knapp dreieinhalb Stunden. Das klingt wenig, aber das Ergebnis ist frappierend: Nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit hat bei den Studienteilnehmern zugenommen, auch ihre Zellen haben sich verjüngt.
Dafür untersuchten die Wissenschaftler bei den neuen Freizeitsportlern die Länge der Chromosomen-Enden (Telomere) der weissen Blutzellen und stellten fest, dass diese in den sechs Monaten deutlich gewachsen sind, obwohl das Training moderat war.
Das ist ungewöhnlich, denn in der Regel verkürzen sich die Telomere bei jeder Zellteilung. Das ist ein natürlicher Vorgang, die Folge ist eine Alterung der Zellen und des gesamten Organismus. Für die Wissenschaftler sind die gewachsenen Telomere daher ein Hinweis darauf, dass sich die Zellen verjüngt haben.
Selbst moderates Radfahren sorgt dafür, dass sich das biologische Alter reduziert. Als am Ende der Studie die Teilnehmer untersucht wurden, stellte sich heraus, dass die „Verjüngung“ bis zu 15 Jahre betragen kann.
Was Tegtbur besonders freut: Etwa drei Viertel der Studienteilnehmer sind nach dem Abschluss der Studie weiterhin aktiv geblieben und treiben jetzt im gleichen Umfang Sport wie zur Zeit der Untersuchung. Diese Verhaltensänderung ist auch für Arbeitgeber interessant: Eine Begleiterscheinung der Studie war, dass der Krankenstand der Trainingsteilnehmer um mehr als 40 Prozent zurückging.
Das ist für eine alternde Gesellschaft und eine älter werdende Belegschaft in Unternehmen eine wichtige Erkenntnis.