Offenbach – Offenbach ist eigentlich ideal fürs Radfahren: kompakt und eben. Nun will die Stadt auf neun Kilometern Radfahrern Vorfahrt einräumen und hat einen Projektantrag mit Vorbildcharakter eingereicht. Fahrradstraßen sollen den Velos Priorität gewähren. Von Martin Kuhn
Das wirft die Frage auf: Wie sicher ist das Radfahren in Offenbach überhaupt? Nein, es herrscht kein Krieg auf den Straßen. Aber es wird um Vorrechte gekämpft: Autofahrer gegen Radler, Radfahrer gegen Fußgänger, diese wiederum gegen PS-Kutscher – ein ewiger Kreislauf in New York, Rio, Offenbach. Dabei geht es mitunter ruppig zu: das Gebrüll, der Scheibenwischer, der Stinkefinger. Und da holt die Stadt, die bereits diverse Einbahnstraßen für den gegenläufigen Radverkehr geöffnet hat, zu der nächsten Velo-Offensive aus: Fahrradstraßen.
Die Polizei selbst ist ebenfalls per Rad unterwegs – etwa in den Naherholungsgebieten. „Allerdings nicht explizit wegen der Fahrradfahrer, sondern allgemein als Sicherheits – und Ordnungsstreife“, betont eine Sprecherin. Dabei drücken die Beamten auf dem Rad aber keinesfalls ein Auge zu bei „Kollegen“: „Natürlich werden dabei auch Radler auf Fehlverhalten angesprochen.“ Unfallschwerpunkte haben die Statistiker der Behörde indes nicht ausgemacht. Auf einem Plan verteilen sich die verschiedenfarbigen Symbole (Verletzte, Unfalltyp, Merkmal) quer über das gesamte Stadtgebiet. Es bewegt sich alles im üblichen Rahmen, so der Eindruck.
Das müssen sie über Fahrradhelme wissen
Diesem widerspricht allerdings die Standesvertretung der Radfahrer. Für die Ortsgruppe des ADFC listet Vorstand Wolfgang Christian auf, was man als Gefahrenpunkte ausgemacht hat: Alle Rechtsabbiegungen der Berliner Straße, insbesondere die am Cinemaxx-Kino („Eine gelbblinkende Ampel ist dringlich!“), die Tiefgarageneinfahrten an Rathaus und Stadthaus, die ansteigende Bieberer Straße durch abdrängende Pkw, Straßen wie die Bismarck – oder Löwenstraße, „wo die Radfahrer gezwungen sind, auf der Straßenmitte zu fahren, weil die Reparaturen am Straßenrand eine unpassierbare Berg – und Talspur hinterließen“.
Und der passionierte Radfahrer fügt noch hinzu: „Wenn Sie noch mehr brauchen: gerne.“ Das subjektive Gefühl sagt über die Gefahrenlage im Offenbacher Straßenverkehr demnach etwas anderes als das statistische Zahlenmaterial. Was jedoch auch keine wirkliche Überraschung ist.