Mit dem Fahrrad um die Welt? Schön und gut, aber was haben wir erlebt und geschafft? 820 Kilometer, 2 Wochen und 3 Länder später erreichen wir den ersten Meilenstein „Wien“ unserer Fahrrad Weltreise von Berlin nach Peking. Wie unsere ersten 2 Wochen waren, was die besten und schlimmsten Momente waren und ob wir noch motiviert sind bis nach Peking Fahrrad zu fahren, beantworten wir jetzt…
Die 6 Monate Planungsphase sind vorbei und wir starten mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren (Lies hier wie wir die Reise geplant haben). Auf einmal ist der Tag da. Einfach so. Unser letzter Tag in Berlin und es geht endlich los in Richtung Peking. Nachdem wir unsere Fahrräder gepackt haben, treffen wir uns noch ein letztes Mal vor dem großen Abenteuer mit Freunden und Familie. Viele Gesichter, die wir nun einige Zeit nicht mehr sehen werden. Diese Realisierung macht den Abschied schwer und emotional aber es ist auch die schönste Motivation, die wir uns vorstellen können.
Die ersten Tage waren ganz besonders aufregend für uns. Wir schlafen mitten im Wald, am See oder auf großen Feldern, bereiten unseren Morgenkaffee auf dem Benzin-Kocher zu und machen uns dann „Hit the Road Jack“ von Ray Charles an bevor wir wieder in die Pedale treten. Auch die für September untypischen aber wohlbegrüßten durchgehend warmen Temperaturen stellen den Beginn unserer Fahrrad Weltreise unter einen guten Stern. Trotz aller dem merken wir natürlich, dass unsere Körper nicht an das gewöhnt sind was ihnen bevorsteht: jeden Tag mehrere Stunden Fahrrad fahren. Besonders da wir eigentlich so gar kein Radfahrer sind die Beine schnell schwer und der Hintern schmerzt.
In Dresden werden wir dann eingeladen und lernen auch Deutschland nochmal als Tourist kennen – hier war bisher noch keiner von uns und wir sind begeistert von der Stadt.
Nach ganzen fünf Tagen und 334 Kilometern überfahren wir die erste Grenze unserer Fahrrad Weltreise und sind auf einmal in Tschechien. Eine andere Sprache, anderes Geld und anderes Essen und das alles in einem Land, das wir mit dem Fahrrad bereisen. Für uns ist das ein großer Moment und gibt uns die nötige Energie um die Berge im Norden von Tschechien zu überfahren. Hier stoßen wir für den Beginn schon einmal an die Grenzen unserer Kräfte und werden belustigt von den vorbeifahrenden Autofahrern angelächelt, während wir uns nach oben kämpfen.
Auch hat das Land noch eine andere Überraschung für uns parat. Zu Beginn der zweiten Woche finden wir keinen Schlafplatz und beschließen nur mit unseren Schlafsäcken an einem See zu schlafen. Als nachts auf einmal ein Wolf vor unseren Isomatten steht sind wir nicht mehr ganz so euphorisch über unsere Nacht unter freiem Himmel. Man sagt zwar immer, dass Wölfe nichts machen, aber wenn einer vor dir steht, vergisst man das ganz schnell. Ein Glück, dass er schnell wieder verschwindet und uns nur mit einem Schrecken zurücklässt. Das Zelt bauen wir trotzdem auf und stehen einfach früh auf damit uns keiner sieht.
In der darauffolgenden Nacht werden wir dafür spontan von einem Einwohner eines tschechischen Dorfes eingeladen bei ihm zu essen und zu übernachten. Nach der Erfahrung der letzten Nacht, nehmen wir diese natürlich dankend an und finden uns kurze Zeit später mit tschechischem Bier und Kartoffeln wieder.
Nach 15 Tagen erreichen wir den ersten unserer 10 Meilensteine: Wien. Nach dem Überfahren der österreichischen Grenze, beschließen wir vom Enthusiasmus beflügelt, noch weiter bis nach Wien zu fahren. Da es zu diesem Zeitpunkt bereits drei Uhr nachmittags ist und Wien noch 70 Kilometer von uns, kommen wir dort erst abends um neun an. Nach mehr als 100km freuen wir uns über ein wohlverdientes Wiener Schnitzel.
Alle oben genannten Erfahrungen waren toll und einzigartig. Der Support und die tollen Nachrichten von Menschen aus aller Welt sind aber zweifellos das allerbeste. Nach nur 15 Tagen haben wir es mit euch zusammen geschafft bereits 9200€ von 70000€ zu sammeln. Natürlich ist es nach wie vor ein weiter Weg bis wir unser großes Ziel erreichen aber wir sind optimistischer denn je, dass dies tatsächlich passieren wird. Es ist unsere Mission den Bau einer Schule in Guatemala mit zu ermöglichen und zusätzlich 400 Kindern ein gesamtes Jahr lang den Gang in die Schule zu ermöglichen. Dafür fahren wir überhaupt mit dem Fahrrad um die Welt und nur gemeinsam mit euch, sind wir überhaupt so weit gekommen – Dankeschön!
Nach sechs Tagen in Wien, welche wir dafür nutzen unsere Video-Inhalte anzuschauen und die Stadt zu genießen, fahren wir weiter Richtung Peking. Aber erst einmal liegt der nächste Meilenstein vor uns: Split in Kroatien! Bis dahin haben wir 1200 Kilometer vor uns. Bis nach Peking sind es noch 14.400 Kilometers. Wir freuen uns auf weitere Abenteuer und darüber, dass wir Aufmerksamkeit für Bildungsprobleme erschaffen können!
Wie lange dauert es einmal um die Welt mit einem Fahrrad zu fahren
Hallo leute wie lange würde es dauern mit einem Fahrrad von Los Angeles nach New York zu fahren?
Also ich fahre nicht durch die Autobahn oder ähnliches, einfach durch die Stadt
Am 27.06 bin ich in Klassenfahrt und werde mit den Fahrrädern unterwegs sein und kann nicht Fahrrad fahren was soll ich machen
Hallo ich bin 14 Jahre und wollte mit meinem Fahrrad in eine andere Stadt fahren der Weg dauert ungefähr 40 min. Jetzt habe ich ein bisschen Angst da ich nicht wirklich die Verkehrsregeln kenne und der weg nur an der Straße lang geht. Also wollte ich fragen ob es gefährlich werden kann wenn ich mich nicht gut auskenne oder ob ich mir da keine Sorgen machen muss. Außerden wollte ich fragen ob sozusagen immer platz zu den Fahrrad fajrern gehalten wird und ich wollt fragen ob ihr mir tipps zum fahren auf der Straße geben könnt?
Hallo Ich möchte einen Sixpack. Jetzt meine Frage ist es möglich nur durch fahrrad fahren einen sixpack zu bekommen? wenn ja wie lange dauert das? grüße Iloveanimals45
Weil unser lehrer hat uns gefragt und ich würde es mal gerne wissen?
Hallo. Eine Freundin und ich wollten zusammen in eine größere Stadt fahren und das wäre etwa 20 km. Da Zug und Bus zu teuer sind und uns unsere Eltern nicht fahren können haben wir uns auf Fahrrad fahren geeinigt. wie lange würdet ihr schätzen werden wir fahren? Es gibt auf dem Weg kaum berge. Ich hab mal davon gehört, dass man davon ausgehen kann, dass man mit dem Fahrrad etwa alle 5 min, einen Kilometer schafft. Allerdings weiß ich nicht, ob das stimmt..
Wie lange würden wir etwa brauchen? Wir haben beide keine Sportlerkondition aber auch keine wiiiirklich schlechte.. 😉
Mein Rekord lag bei 36 km/h, und den konnte ich heute bei dem tollen Wetter nicht brechen
Hi Leute! Da ich passionierter Radfahrer bin, fahre ich natürlich viel mit dem Fahrrad. Wie viel schafft ihr mit dem Fahrrad an einem Tag? Mein Tages-Rekord liegt bei 102 km.
Wie lange braucht man mit dem Fahrrad um die Welt?
Über 50 Jahre hat Heinz Stücke die Welt durchradelt. Seit 2014 wohnt er wieder in seinem Heimatdorf. ‚Leben jetzt‘-Autorin Ulla Arens hat ihn dort besucht. Und traf auf einen Mann, der genau wusste, wie er leben musste, damit es ihm damit gut gehen würde
Heinz Stücke sammelt. Er sammelt Länder (196), Kilometer (648.000), Fotos (über 100.000), Erinnerungen (unzählige). Alle Erinnerungsstücke hat er archiviert, beschriftet, aufgelistet. Das Haus in seinem Heimatdorf Hövelhof bei Paderborn hat der Senior in ein privates Museum verwandelt. Jeder Quadratzentimeter ist ausgenutzt, um seine Reise zu dokumentieren, die 1962 begann und 2014 endete. 51 Jahre, in denen er auf dem Sattel seines Dreigangfahrrads jedes Land der Welt erkundete.
Heinz Stücke im Alter von 20 Jahren
Heinz Stücke 1960 in seinem Heimatort Hövelhof – er ist Jahrgang 1940
Auf einem 25 Kilo schweren Rad der Firma Tripad aus Paderborn, die es längst nicht mehr gibt, und mit 300 Dollar im Portemonnaie, radelte er los. In den Satteltaschen hinten und am Lenker etwa 50 Kilo Gepäck. Über Südeuropa ging es durch Afrika, dann weiter nach Südamerika, wo er drei Jahre blieb.
Weiter ging es Richtung USA und Kanada, dann Asien und Australien. Das nötige Geld verdiente er, indem er selbst geschriebene Broschüren über seine Reise verkaufte und Vorträge in deutschen Clubs hielt, wo dann reichlich gespendet wurde.
Und er reiste so preiswert es ging. Übernachtete privat bei Menschen, die ihn zu sich einluden, in billigen Pensionen, in seinem Zelt, aber auch in Missionsstationen, Tempeln, Polizeistationen, einer Telefonzelle. Er schlief auf der Chinesischen Mauer, in den Ruinen von Machu Picchu, zu Füßen der Christusstatue in Rio. Und egal, wo er war, ob in der Wüste oder im Dschungel, immer legte er Wert darauf, den Menschen gepflegt und sauber gegenüberzutreten.
Heinz Stücke archiviert sein Leben
„Heimweh hatte ich nicht und ein Zurück gab es irgendwann nicht mehr. Mein freies Leben mit einem in der Fabrik zu tauschen war indiskutabel. Das Reisen wurde zum Inhalt meines Lebens und zu meinem Beruf.“ Irgendwann stand sein Plan fest: insgesamt 50 Jahre um die Welt. Die Namen der Städte, die er besuchte, schrieb er mit weißer Farbe auf den Rahmen seines Rads, hängte daran eine Weltkarte. „Das Rad war mein Ausweis. Die Leute sprachen mich an, wollten meine Geschichte hören.“
Im Schnitt fuhr er 80 bis 120 Kilometer am Tag. Langweilig war ihm dabei nie. „Ich habe vor mich hin geträumt, mich erinnert, Pläne geschmiedet, Kurzwellenradio gehört.“ Er machte Pausen, um zu fotografieren, mit Menschen zu sprechen. Oder er lernte Vokabeln, die er auf ein Kärtchen schrieb, das er am Lenker befestigte. Englisch, Spanisch, Französisch spricht er fließend. Auf Russisch und Japanisch kann er sich ebenfalls unterhalten.
Das Ziel, nach 50 Jahren nach Hause zu kommen, verpasste er um ein Jahr. Und er wäre wohl noch weitergeradelt, wenn die Gemeinde Hövelhof, die für ihn immer seine Heimat geblieben ist, ihm nicht ein Haus mietfrei zur Verfügung gestellt hätte. Hier lebt er jetzt, von 250 Euro Rente. Besucher seines Museums-Hauses dürfen eine Spende hinterlassen. Staatliche Unterstützung holt er sich nicht, da will er unabhängig bleiben.
Seit es auf Netflix eine Dokumentation über ihn gibt „The man who wanted to see it all“ bekommt er noch mehr Post und noch mehr Besuch von Menschen, die mehr über sein Leben erfahren wollen. „Ich erlebe beim Erzählen alles noch mal. Und genieße es noch mal.“
Wie lange dauert es, mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren
Abenteurer: Dennis Kailing hat auf seiner Reise viele Schwierigkeiten bewältigt, zum Beispiel hat er eine fragile Brücke in Timor überquert. Bild: Dennis Kailing
Mit einem Fahrrad hat der Gelnhäuser Dennis Kailing zwei Jahre lang die Welt bereist. Seine Begegnungen und Erlebnisse sind jetzt in einem Kinofilm zu sehen.
E s hätte auch schiefgehen können. Mit dem Fahrrad fast zwei Jahre lang mutterseelenallein in der Welt unterwegs sein, fast 44.000 Kilometer mit reiner Muskelkraft zu bewältigen in Ländern wie Iran und Malaysia, Mexiko und Nordamerika, Argentinien und Marokko – das klingt wirklich gefährlich. Allerdings nicht in den Ohren von Dennis Kailing. Er war gerade 24 Jahre alt, als er fast von heute auf morgen beschloss, mit seinem Fahrrad ferne Länder zu erkunden. Eine Entscheidung mit Tragweite, doch für Kailing in erster Linie ein Abenteuer.
- Folgen Ich folge
Zuvor war sein Leben in völlig geordneten Bahnen verlaufen. Im Jahr 1990 in Gelnhausen geboren, ging er dort zur Schule, machte sein Abitur und entschied sich für ein Bauingenieurstudium. Nach dem Bachelor jobbte er in Berlin, bis ihm klarwurde, dass ihm die Welt zu klein geworden war. Etwas Geld hatte er zusammengespart, doch für eine Weltreise über viele Monate, wie sie dem jungen Gelnhäuser vorschwebte, würde das nicht reichen. Oder vielleicht doch? Es würde allein auf die Art des Reisens ankommen, dachte sich Kailing. Er schaffte sich ein Fahrrad an, etwas Ausrüstung und ging zum Tropenarzt, um sich impfen zu lassen. Dann informierte er die Eltern im heimischen Gelnhausen über seine Pläne. Die hatten den Traum ihres Sohnes schon mehrfach vernommen, doch dieses Mal „meint er es ernst“, meinte die Mutter zu seinem Vater. Die Eltern hätten gar nicht erst versucht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, denn sie hätten gewusst, dass es sinnlos sein würde, erinnert sich Kailing und lächelt spitzbübisch.
„Mit einem Lächeln kommst du weiter“
Dieses Lächeln muss ihm geholfen haben, die Herzen vieler Menschen auf seinem langen Weg zu erobern. „Mit einem Lächeln kommst du weiter. Egal, ob am Flughafen, im Fahrradladen oder in kniffligen Situationen. Solange du gute Laune versprühst, wirst du wahrscheinlich bekommen, was du willst“, erklärt Kailing seine Strategie, die bei ihm ganz offensichtlich von Herzen kommt. Ein weiteres Motto für ihn heißt, auf die Menschen zuzugehen. In kleineren Orten, egal, in welchem Land, suchte er immer die Treffpunkte auf, an denen Einheimische zusammenkommen, wo sie reden und einkaufen. Oft sind das kleine Kioske am Straßenrand, dort lassen sich nach den Erfahrungen von Kailing gut Bekanntschaften schließen. So traf er immer wieder auf Leute, die ihn zum Essen in ihr Haus einluden und die den sympathischen Fremden bei sich übernachten ließen.
Häufig schlief er in seinem Zelt in freier Natur, aber auch an so ausgefallenen Orten wie in einer Schwimmhalle in Indien, auf der Ladefläche eines Kleintransporters, in der Frauenzelle einer Polizeistation in Mexiko, im Büro eines Bürgermeisters in der Türkei oder in einem Baumhaus in Peru. Kailing spricht Englisch und ein paar Brocken Spanisch, mehr nicht. Dafür brachte er während seiner langen Fahrt die Fähigkeit, sich mit Gesten, mit Händen und Füßen zu verständigen, zur Perfektion.
Wie lange dauert es, mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren
, 74, ist vom Beruf Radler. Er ist über 648.000 Kilometer gefahren und hat 196 Länder besucht. Seine Tour füllte 21 Reisepässe. Laut Travellers Century Club steht Stücke mit seinen 299 Destinationen kurz vor der diamantenen Mitgliedschaft, die es ab 300 Destinationen gibt. Dazu zählen auch Regionen und Territorien sowie nicht anerkannte Staaten. Von 1995 bis 1999 stand Stücke als „meistgereister Mann der Geschichte“ im Guinness Buch der Rekorde. In seiner ostwestfälischen Heimat Hövelhof will man ihm zu Ehren sogar ein kleines Museum eröffnen. Webseite Heinz Stücke
Meine erste Reise führte mich 1958/59 rund ums Mittelmeer. Ich wollte die Welt sehen. Danach bin ich brav wieder nach Hause gefahren, nach Hövelhof in Ostwestfalen. Ich ging zurück in die Fabrik und arbeitete dort wieder als Werkzeugmacher.
Im August 1960. Für diese zweite Reise verkaufte ich sogar meinen VW-Käfer, sie dauerte fast ein Jahr und führte mich bis nach Indien. Viel Geld hatte ich nicht. Deswegen heuerte ich auf einem norwegischen Schiff an, zwischen Bananen ging es über Singapur nach Russland. Doch das Fahrradfahren in Russland war sehr beschwerlich, auf Einzeltouristen waren die Russen nicht eingestellt. Ich wurde verhaftet, verhört und dann wieder freigelassen. In Moskau wies man mich aus, über Finnland und das Nordkap ging es zurück nach Ostwestfalen.
1962 nahm ich mir vor, mit dem Rad zwei Jahre lang nach Tokio zu fahren, zu den Olympischen Spielen. Doch daraus wurde nichts. Japan erreichte ich erst 1971. Es gab unterwegs so viel Spannendes zu erleben und zu entdecken. Irgendwann habe ich mir gedacht: Ich komme an, wenn ich ankomme. Und so langsam reifte die Erkenntnis, dass das mein Leben ist – und ich nicht zurück in die Fabrik wollte.
Unterwegs war ich mit meinem Torpedo-Dreigang-TriePad-Rad aus Paderborn. Den Hersteller gibt es nicht mehr, aber das Rad hielt bis heute durch.
Zunächst habe ich sehr wenig Geld ausgegeben. Bei Hunger mied ich Restaurants. Ich wartete, bis man mir ansah, dass ich hungrig war. Viele freuten sich, wenn ich bei ihnen zu Hause aß. Weil ich mit dem Rad fuhr, sah jeder, dass ich nicht viel Geld hatte. An mein Fahrrad habe ich eine Weltkarte mit meiner Route gehängt, das hat neugierig gemachte.
Aber Sie mussten ja nicht nur essen. Wie haben Sie Ausgaben wie Ersatzteile oder Kleidung bezahlt?
Ich habe eine Broschüre mit meinen Anekdoten von unterwegs verfasst. Ihr Umfang wuchs mit der Zeit von vier auf 20 Seiten. Wer es lesen wollte, konnte geben, was er wollte. Mal bekam ich 60 Cent, dann wieder 200 Euro pro Heft. In Kapstadt ging ich den Verkauf erstmals organisiert an. Ich habe meine Geschichte auch an Zeitungen verkauft oder in deutschen Klubs vorgestellt. So kamen manchmal Hunderte Dollar zusammen, in Japan 1972 waren es sogar 20.000 Dollar. Das reichte sechs Jahre lang. Außerdem verkaufte ich meine Fotos über eine britische Agentur. In den 51 Jahren habe ich vielleicht drei bis vier Monate gearbeitet.
Das hat sich stark verändert. In den Sechzigerjahren kostete mich ein Reisetag ein bis zwei Euro, Mitte der Neunzigerjahre waren es schon zwölf Euro.
In Iran handelte ich mir Typhus ein und lag im Krankenhaus. In Sambia schossen mir Separatisten mit einer AK-47 in den großen Zeh, weil sie mich für einen Spitzel hielten. Das war sehr unangenehm. Ein zufällig vorbeikommender Deutscher brachte mich per Auto zu einer Erste-Hilfe-Station. In all den Jahren bin ich nie überfallen worden, Taschendiebstähle gab es schon. Mein Rad stahl man mir sechsmal, doch ich bekam es immer wieder zurück. Manchmal half mir sogar die Medien bei der Suche.
Sie war davon nicht sonderlich begeistert, aber mein Vater akzeptierte es später. 1977 besuchte mich meine Familie für ein Wochenende in Arnheim. Nach all den Jahren hatten sie nur zwei Tage Zeit, denn am Montag mussten alle wieder an die Arbeit. Das hat mich schockiert, und so wollte ich es nicht. Mein Leben war so interessant, und das Heimweh wurde zu einer Heimangst.
Doch, das hatte ich tatsächlich vor und habe vielleicht zehnmal gesagt: In ein oder zwei Jahren bin ich wieder da. Erst wollte ich zur Fußball-WM 1974 zurückkehren. Dann wollte ich den legendären Marco Polo überholen, der 25 Jahre unterwegs war, schließlich alle Länder der Erde bereisen.
Was ist der Unterschied zwischen Reisen mit 20 und mit 70 Jahren?
Als junger Mann hat man einfach eine größere Begeisterung. Alles ist neu, doch mit der Zeit wird es doch zur Routine. Ich habe mich dazu entschlossen, mit dem, was ich am besten kann, mein Leben zu gestalten.
Nein, Reisen ist mein Leben. Ende Juli war ich noch bei einem Globetrotter-Treffen in Freiburg an der Elbe und fuhr an der Küste entlang dorthin.
Jetzt sortiere ich Dias, meine Gedanken und Notizen – eine Heidenarbeit. Dann möchte ich gerne mehrere Bücher über mein Leben schreiben und veröffentlichen. Wohl Mitte September geht es zurück nach Hövelhof. Dort stellt mir die Gemeinde eine kleine Wohnung zur Verfügung. Im Ort beginnt der Emsradweg, ich kann den Radlern Fragen beantworten. Sozialleistungen möchte ich auf keinen Fall und werde für die Miete arbeiten. Mein Leben zeigt, dass es auch ohne Staat gehen kann.
Schotte fährt mit dem Fahrrad in 79 Tagen um die Welt
In Paris konnte Mark Beaumont seine Frau und seine beiden Kinder wieder in die Arme schließen.
Es war das Härteste, das er je gemacht hat: Der Schotte Mark Beaumont radelte 29.000 Kilometer um die Welt – für einen Weltrekord.
Paris. In 80 Tagen will der Held in Jules Vernes Romanklassiker es um die Welt schaffen. Extremsportler Mark Beaumont brauchte dafür 78 Tage, 14 Stunden und 14 Minuten. Mit dem Rad. Eine 29.000-Kilometer-Tour, die den Schotten von Europa durch Russland bis nach China führte, von Australien nach Alaska und dann quer durch Kanada und die USA zurück nach Europa. Einzige Verschnaufpause der Reise über vier Kontinente und durch 16 Staaten: drei Flüge über Ozeane.
Es ist diese eigenartige Mischung aus Euphorie und Erschöpfung, die dem 34-Jährigen anzusehen ist, als er am Montagabend in Paris sein Ziel erreicht und seinen Helm abzieht – unter dem Triumphbogen. Einen besseren Ort, um eine solche Reise zu beenden, kann es eigentlich nicht geben. Die Menschen klatschen und jubeln, Autos hupen. Beaumont umarmt seine Frau Nicci und seine ein und vier Jahre alten Töchter. Eine Abgesandte des „Guinness-Buchs der Rekorde“ überreicht ihm eine Urkunde, denn Beaumont hat den bisherigen Rekord von 123 Tagen gebrochen. „Sie sind hiermit ganz offiziell unglaublich!“, ruft sie.
Das Härteste, was er seinem Körper je zugemutet hat
Beaumont wirkt, als könne er es selbst nicht glauben – dass er nicht nur an seine Grenze gegangen ist, sondern sie so weit überschritten hat. „Was ich jetzt vor allem spüre, ist Erleichterung, völlige Erleichterung. Ich habe immerhin Jahre damit verbracht, mich darauf vorzubereiten“, sagt er den Reportern. Und weiter: „Es war das Härteste, was ich je meinem Körper und meiner Psyche zugemutet habe. Es war eine fortlaufende Überwindung. Sehr wahrscheinlich mache ich so etwas nie wieder.“
Drei schwere Stürze warfen ihn aus der Bahn. Er fuhr durch Frost, Gluthitze, Stürme und Feuerrauch. „Das Schwierigste aber war der Schlafentzug“, sagt Beaumont. Jeden Morgen stand er um 3.30 Uhr nach fünf Stunden Schlaf auf, um sein Pensum von täglich 16 Stunden zu schaffen. Die restlichen Stunden tat Beaumont vor allem eines: essen. 8000 Kilokalorien musste er täglich zu sich nehmen, etwa 3000 wären normal.
Mehrere Stürze während der Tour
Es ist nicht die erste Weltumrundung für Beaumont. Bereits 2008 stellte er mit 194 Tagen den damaligen Weltrekord auf. Als er am 2. Juli dieses Jahres aufbrach, ebenfalls in Paris, da hatte er sich vorgenommen, es diesmal in 80 Tagen zu schaffen. Er kam einen Tag früher an. „Es zeigt, dass möglich werden kann, was unmöglich scheint“, sagt Beaumont. Dabei sah es oft danach aus, als würde er an seinem Ziel scheitern. Schon am neunten Tag stürzte er in Russland, brach sich den Ellenbogen und schlug sich einen Zahn aus. Russland stellte ihn auch psychologisch vor die größte Herausforderung: „17 Tage fuhr ich meist durch Ödland. Es war zermürbend.“
Neuseeland brachte große landschaftliche Abwechslung. Das Problem hier: Es herrschte tiefster Winter. Beaumont, der von einem Team aus Managerin, Mechaniker, Ernährungsberater und Physiotherapeut begleitet wurde, fuhr über vereiste Pisten, stürzte abermals. Im US-Bundesstaat North Dakota fuhr er tagelang durch Rauchschwaden, die von Waldbränden in Montana hergezogen waren. In den endlosen Ebenen des Mittleren Westens kämpfte er auch gegen den Wind an. „Es ist nicht viel anders als beim Segeln. Der Wind kann über die Tour entscheiden.“ Für die letzte Etappe flog er vom kanadischen Halifax nach Lissabon. In den Pyrenäen stürzte er abermals. „Mein Team war sehr besorgt, weil es so kurz vor dem Ende der Tour war. Man hat es eben nie geschafft, bis es geschafft ist.“
Beaumont ist „ein schottischer Held“
Besonders in Schottland ist man stolz auf den Mann aus Edinburgh. „Mark Beaumont ist ein schottischer Held“, sagt Charlie Smith, Chef der Tourismusbehörde. „Er inspiriert Millionen Kinder auf der Welt, ihre Ziele zu erreichen und ist ein Botschafter für unser Land.“
Was er nun vorhat, wollen die Reporter in Paris von ihm wissen. „Ich bin jetzt einfach nur froh, zurück bei meiner schönen Frau und meinen Töchtern zu sein. Ich schätze, ich schulde ihnen etwas Zeit.“ Zehn Liter Wasser trank er täglich während der strapaziösen Tour. Jetzt freut er sich auf ein Glas Rotwein. Und darauf, einfach nur zu laufen: „Ich bin seit dem 2. Juli kaum ein paar Schritte gegangen.“
Geschichte Annie Londonderry: Mit dem Fahrrad um die Welt
Es ist eine Sensation! Vor 124 Jahren steigt Annie Londonderry in Boston auf den Sattel: Als erste Frau der Welt will sie mit dem Fahrrad den Globus umrunden. Ihr Mann, ihre Kinder? Bleiben zu Hause. Eine abenteuerliche Tour beginnt. Oder?
- Name: Annie Kopchovsky Geboren: 1870 in Lettland als Annie Cohen Familienstand: 1888 Heirat mit Max Kopchovsky; Mutter von vier Kindern Beruf: Mitarbeiterin in der Werbeabteilung einer Zeitung, nach ihrer Weltreise Journalistin und Rednerin Lebensleistung: Als erste Frau der Welt umrundet sie ebenjene mit dem Fahrrad. Ihre Reise startet sie in einem langen Rock und mit einem 19 Kilogramm schweren Damenrad. Im Laufe der Zeit steigt sie auf ein halb so schweres Herrenrad um und trägt Hosen. Mit Aktionen wie diesen wehrt sie sich gegen altmodische Vorstellungen. Gestorben: 11. November 1947 in New York
Wer ist Annie Londonderry?
Was für eine Reise! Als sich Annie Londonderry im Juni 1894 aufmacht, die Welt mit dem Fahrrad zu umrunden, jagt ein Abenteuer das nächste. Auf dem Weg von Chicago nach New York zum Beispiel springt entlang der Bahnstrecke ein Bandit hervor und stürzt sich auf die Reisende! Annie zückt ihren Revolver aus der Hosentasche, fällt dabei jedoch auf die Gleise – auf denen just ein Zug heranrast! Im letzten Moment hechtet sie zur Seite und überlebt.
Und dann, wenige Monate später in China: Gerade tobt dort der Erste Chinesisch-Japanische Krieg. Japanische Soldaten nehmen die Radlerin gefangen und werfen sie in eine dunkle, bitterkalte Zelle. Tagelang friert und hungert Annie, bis sie endlich eine Truppe von 40 französischen Soldaten befreit. Ein Wahnsinnserlebnis, stimmt’s?
Nun ja, stimmt nicht. Genauso wenig wie die Banditengeschichte. Wahr ist: Annie Londonderry aus Boston in den USA ist die erste Frau, die mit dem Fahrrad die Welt umstrampelt hat. Wahr ist auch: Sie ist eine begeisterte und talentierte Geschichtenerzählerin. Ob in Chicago, Paris oder Hongkong – den Journalisten, die sie unterwegs trifft, tischt sie eine Lüge nach der nächsten auf. Auch dass sie gar nicht Annie Londonderry, sondern Annie Kopchovsky heißt, verheimlicht sie erst einmal. Wer ist diese Frau also wirklich?
25.6.1894: Annie Londonderry bricht zu ihrer Weltreise auf
Bevor sie ihren waghalsigen Plan fasst, mit nichts als Wechselunterwäsche und einem Revolver in der Tasche loszuradeln, führt Annie Kopchovsky ein beschauliches Leben in Boston. Mit 18 Jahren hatte sie geheiratet, kurze Zeit später bekam sie ihr erstes Kind, dann noch eines und noch eines.
„Ich wollte mein Leben nicht immerzu zu Hause sitzen, jedes Jahr wieder ein Baby in meinem Schoß“, erzählt sie später in Interviews. Annie Kopchovsky will unabhängig sein, frei sein, berühmt sein! Da hört sie von der Wette zweier Geschäftsmänner: „10.000 Dollar darauf, dass eine Frau es niemals schafft, mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren!“ Diese Summe entspricht heutzutage fast einer Viertelmillion Euro. Jetzt weiß Annie, was sie machen möchte…
Wenige Tage und einige Übungsstunden später steht Annie Kopchovsky mit ihrem neuen Drahtesel auf den Stufen des Massachusetts State House, eines prächtigen Gebäudes mit goldener Kuppel im Herzen Bostons. Es ist der 25. Juni 1894, ein sonniger Montagvormittag. Mehr als 500 Schaulustige haben sich versammelt.
Frauenrechtlerinnen jubeln ihr zu, ihr Bruder steht kopfschüttelnd in der Menge. Er hält sie für übergeschnappt. Schließlich lebt Annie in einer Zeit, in der man Frauen nur eines zutraut: gute Ehefrauen und Mütter zu sein. Sie dürfen nicht wählen gehen und arbeiten nur dann, wenn es der Ehemann erlaubt. Eine Frau, die allein den Globus umrundet? Ihre Kinder zurücklässt? Völlig irre, ein Skandal!
Annie grinst unbeschwert in die Menge. „Ich werde in 15 Monaten die Welt umfahren!“, verkündet sie, klettert auf den Sattel ihres knapp 19 Kilogramm schweren Rades und tritt in die Pedale.
Wo genau Annie entlanggefahren ist, hat ihr Urgroßneffe Peter Zheutlin herausgefunden: Gewissenhaft sortierte er die Informationen aus Stapeln alter Zeitungen, um Annies Weltreise nachzuzeichnen. Auf ihrer Tour passierte sie von Amerika über Europa, Afrika bis nach Asien vier Kontinente
Irre ist sie dabei keineswegs, im Gegenteil. Annie Kopchovsky ist clever! Auf ihrer Tour findet sie immer wieder Unternehmer, die ihr Geld geben. Dafür hängt sie Werbeplakate an ihr Rad, pinnt sie sich an der Kleidung fest – und nimmt sogar den Namen einer großen Bostoner Wasserfirma an: Londonderry. Immer wieder schreibt sie Telegramme an Fahrradklubs und Journalisten, um auf sich aufmerksam zu machen. Und weil sie in Wirklichkeit gar nicht so viel Spektakuläres erlebt, lässt sie eben ihrer Fantasie freien Lauf, um in die Zeitung zu kommen.
Sie erzählt, dass sie einen Doktortitel in Jura hat, behauptet, sie sei eine reiche Erbin oder prahlt damit, dass sie als Medizinstudentin Geld damit verdient, Leichen aufzuschneiden. Nichts davon stimmt, aber die Journalisten kritzeln eifrig ihre Blöcke voll und freuen sich über die verrückten Geschichten. Sie hinterfragen sie nicht weiter – und Annie Londonderry wird berühmt.
In einem Punkt aber hat sie die Wahrheit gesagt: Am 12. September 1895 rollt sie in Chicago ein, nachdem sie wie angekündigt 15 Monate unterwegs war, von New York bis Paris, von Alexandria über Singapur und Yokohama. Dass sie währenddessen manche Strecke mit dem Dampfer oder Zug zurückgelegt hat? Nun, immerhin hatte sie das Fahrrad ja dabei…
Hemmer und Meßner erzählen : Kleine Geschichte einer Frau, die als Erste die Welt umradelte
Ein Fahrrad als Katalysator für die Emanzipation? Ganz genau. Denn Radfahren macht nicht nur fit, sondern ist auch befreiend, wie die kuriose Weltumradelung der Annie Londonderry vor rund 125 Jahren zeigt.
Fortbewegungsmittel haben es an sich, dass sie nicht nur Menschen von A nach B befördern, sondern auch Entwicklungen beschleunigen. Das gilt für das Schiff, den Zug und das Auto. Doch auch der Drahtesel hat revolutionäres Potenzial, wie die Geschichte der Annie Londonderry (1870/71–1947) belegt. Sie machte sich einen – neuen – Namen, indem sie als erste Frau zwischen 1894 und 1895 auf dem Fahrrad die Welt umrundete. Frauen mussten damals eigentlich keine spektakulären Taten vollbringen, um auf dem Zweirad für Aufsehen zu sorgen. Es reichte schon, wenn sie damit herumfuhren. Aber alles der Reihe nach. Zunächst einmal zum Drahtesel selbst.
Die Welt im Fahrradfieber
In den USA waren die 1890er Jahre die Zeit des »bicycle craze«. Allein 1897 wurden über zwei Millionen Räder verkauft, große Fahrradausstellungen fanden statt und Radklubs wurden gegründet. Das Vehikel gab es noch nicht lange und hatte auch noch keinen festen Platz in der Gesellschaft. Doch seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wollten die Menschen zeiteffizienter und schneller vorankommen. Und der etwas angestaubte, dem Lateinischen entnommene Begriff »Veloziped« verrät bereits, wie man unterwegs sein wollte: »schnellen Fußes«, aber nicht wie bisher auf Schusters Rappen.
Ab 1870 sattelten Radfahrer dann immer mehr vom Drei – oder Vierrad auf den Akt des Balancierens um: zunächst auf Hochräder, die auch »Ordinary« genannt wurden, anschließend auf ein Modell namens »Safety« – das Sicherheitsniederrad, das mehr den heutigen Fahrrädern ähnelte. Bei »Safety« waren nun beide Räder gleich groß. Das verlieh dem Radler mehr Stabilität, und es ließ sich schneller vorankommen.
Auf dem Drahtesel in die Freiheit
Bei Traditionshütern sorgen neue Technologien oft für wenig Begeisterung. Wie war das noch mit dem Augenlicht ruinierenden Lesen von Romanliteratur? Oder den flimmernden Bildern des Fernsehens? Im 19. Jahrhundert schien der Hype ums Rad das Ende einer alten Ordnung einzuläuten: Denn Frauen arbeiteten mehr und mehr außer Haus, engagierten sich politisch und fuhren nicht selten – genau! – Fahrrad.
Die beiden Historiker und bringen jede Woche »Geschichten aus der Geschichte« auf ihrem gleichnamigen Podcast. Auch auf »Spektrum. de« blicken sie mit ihrer Kolumne in die Vergangenheit und erhellen, warum die Dinge heute so sind, wie sie sind. Alle bisherigen Artikel der Kolumne »Hemmer und Meßner erzählen« gibt es hier.
Die neuen Möglichkeiten, die eine persönliche Mobilität bot, widersprachen vielem, wofür das 19. Jahrhundert stand. Unbeaufsichtigt und hoch zu Rad die Nachbarschaft zu erkunden, dabei vielleicht sogar die Knöchel zu entblößen – für eine Frau unerhört! Doch die Radlerinnen brauchten Beinfreiheit. Und das sorgte für gar unsittliche neue Moden bei der Bekleidung. Lange, voluminöse Kleider, das Korsett, hoher Kragen und lange Puffärmel mussten praktischeren Outfits weichen. Zwar regte sich zu jener Zeit schon aus gesundheitlichen Gründen Unmut gegen die unbequemen Stoffmassen, doch die neue Fahrradmode brachte die entscheidenden Veränderungen auf den Weg.
Die Weltumradlerin | Angeblich in 15 Monaten radelte Annie Kopchovsky alias Londonderry um die Welt. Sie legte zwar weite Strecken mit dem Schiff zurück, hinterließ aber einen immensen Eindruck bei ihren Zeitgenossen.
Zur selben Zeit formierten sich die ersten Frauenbewegungen in den USA. Und der »Fahrradwahn« war von großer Bedeutung für die Durchsetzung ihrer Ziele. Laut der berühmten Frauenrechtsaktivistin Susan B. Anthony (1820–1906) habe das Radfahren mehr für die Emanzipation der Frau getan als viele andere Bemühungen. Frances Willard (1839–1898), eine weitere bekannte US-Frauenrechtlerin, rief in ihrem 1895 erschienenen Buch »A Wheel Within a Wheel: How I learned to Ride the Bicycle« andere Frauen dazu auf, »eine weitere Welt kennen zu lernen, die natürliche Liebe zum Abenteuer auszuleben und sich dieses neue Werkzeug der Macht untertan zu machen«.
Die Radtour ihres Lebens
Londonderry kam 1875 mit fünf Jahren aus Lettland in die USA. Mit 16, nach dem Tod ihres Vaters, musste sie für ihre kleinen Geschwister sorgen. Weitere vier Jahre später war sie bereits verheiratet und hatte drei Kinder. Sie arbeitete als Anzeigenverkäuferin für verschiedene Tageszeitungen in Boston. Ihre Familie und die ihres Bruders lebten unter einem Dach.
Ganz klar sind die Umstände nicht, aber angeblich hatten zwei Bostoner Geschäftsmänner gewettet, eine Frau sei nicht dazu fähig, die Welt zu umradeln. Londonderry hielt dagegen – sie beschloss 1894, genau das zu tun.
Würde sie es schaffen, in 15 Monaten den Erdball auf dem Veloziped zu umrunden, könnte sie ein stattliches Preisgeld von 10 000 Dollar einstreichen. Ihr Weg führte sie durch Frankreich, wo die Zeitungen schwärmerisch von ihr berichteten, um auf dem Dampfer Sydney in Richtung Asien weiterzureisen. Wie bei allen guten Abenteuergeschichten, dürften einige ihrer Erlebnisse frei erfunden sein. Zwar war sie tatsächlich in Alexandria, Port Said, Sri Lanka, Singapur und Hongkong – doch die meiste Zeit verbrachte sie an Bord eines Dampfers, nicht auf dem Sattel. Dennoch: Am 24. September 1895 erreichte sie unter viel Beifall den Zielpunkt Chicago. Sie hatte die Welt durch ihre Unabhängigkeit und ihren Wagemut in Erstaunen versetzt.
Werbeikone und Selbstvermarktungstalent
Londonderry verdiente gut an ihrem Abenteuer. Markennamen, die auf Fahrradtrikots und Rädern prangen, sind heute fester Bestandteil des Profisportgeschehens. Bereits Londonderry und ihre Förderer hatten die Vorzüge einer mobilen Werbefläche erkannt. Nur zu Werbezwecken legte sich die Weltumradlerin sogar einen neuen Namen zu: Aus Anna Kopchovsky wurde Annie Londonderry. Sie erhielt 100 Dollar von der Londonderry Lithia Spring Water Company dafür, ihren Nachnamen zu ändern und den Markennamen des Getränkeherstellers auf ihrer Kleidung zu tragen. Fahrradfahren war ein neuer Boom – auch für den aufblühenden Kapitalismus.
Frauen profitierten von Londonderrys Abenteuer. Auf der ersten Etappe ihrer Reise stellte sie sich eine praktische, aber Aufsehen erregende neue Garderobe zusammen. Die sonst üblichen Kleider waren lang, schwer und fürs Radfahren schlicht hinderlich. Korsetts schränkten die Bewegungsfreiheit und Atmung ein. Also entschied sich Londonderry für die so genannten Bloomers – nach der Sozialaktivistin und Kleidungsreformerin Amelia Jenkins Bloomer benannte, weite Hosen mit engen Kniebünden. In Europa firmierten sie unter dem Namen Türkenhosen oder türkische Hosen. Das revolutionäre Potenzial dieses offenkundigen Textilstatements entging niemandem. Es erwies sich auch als ideales Sujet für misogyne Karikaturen. Später wechselte Londonderry unerschrocken zu noch bequemeren Sportanzügen für Männer, was in Zeiten der rigiden Geschlechtertrennung viele tief schockierte.
Eine Frau, die Sport betrieb, ins Schwitzen kam, errötete – das sendete doch lauter erotische Signale an die Passanten, befürchteten Gegner der neuen Radlerbewegung. Schlimmer noch: Würden Frauen nun ohne einen männlichen Beschützer durch die Gegend fahren? Gaben sie sich dabei auch noch dem Rausch der Geschwindigkeit hin – ein Privileg, das bisher nur Männern vorbehalten war? Stimulierte der Sattel die Frauen womöglich sogar auf unziemliche Weise?! Die Angst war groß. Ärzte gaben mahnende Vorträge und warnten vor Schäden an der zarten Konstitution der Frauen.
Manche Moden überrollen glücklicherweise solche Sorgen: 1896 gab es allein in Boston bereits vier Radklubs nur für Frauen. Das Radeln war ein Massenphänomen geworden. Und Annie Londonderry? Hatte sie die Wette eigentlich gewonnen? Sie sagte, ja. Aber ob es stimmt, ist fast unerheblich, wenn man bedenkt, welche tief greifenden gesellschaftlichen Wandel sie ganz nebenbei durch ihre Unbeirrbarkeit mit angestoßen hatte.
Von Fürth nach Japan mit dem Fahrrad: Krankheit zwingt Franken zu Pause – „Wäre lebensmüde weiterzufahren“
Zwei junge Fürther wollen mit dem Rad bis nach Japan fahren. Auch eine Knochenkrankheit und Zelten bei Minusgraden halten sie nicht auf.
Fürth – Knapp 5700 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Bayern und Japans Hauptstadt Tokio. Mit dem Flugzeug erreicht man den Inselstaat bequem binnen 20 Stunden – keine Option für zwei junge Fürther: Die beiden haben es sich in den Kopf gesetzt, mit dem Fahrrad bis nach Japan zu fahren.
Mit dem Fahrrad nach Japan: Zwei Fürther auf Weltreise
Am 22. Februar starteten Nathanael „Natty“ Fischer (20) und Kevin Mayer (21) von Fürth aus auf ihre große Reise. Wochenlang haben sie sich intensiv auf das Abenteuer vorbereitet, Routen geplant, Konsulate angeschrieben. Im Gespräch mit erzählen die beiden von ersten Erfolgsmomenten, gesundheitlichen Schwierigkeiten und unerwarteten Überraschungen.
Einen Tag brauchten die Fürther, um die Alpen zu überqueren. Belohnt wurden sie mit einer einzigartigen Aussicht. © Kevin Mayer
Die ersten Kilometer: An der Donau entlang nach Budapest
„Die erste Nacht war direkt ein Desaster“, erinnert sich Mayer. „Ich bin aufgewacht und mein Zelt stand vom Regen komplett unter Wasser.“ Doch die beiden wussten sich bislang immer zu helfen: „Wir sind guter Dinge, wir haben mittlerweile auch einen guten Tagesrhythmus gefunden.“ Insgesamt sind für die Weltreise 12 Monate eingeplant. Trotz kleinerer Startschwierigkeiten sind die beiden überzeugt, ihr Reiseziel „locker“ in dieser Zeit erreichen zu können.
Von Bayern aus ging es für die beiden Abenteurer zunächst in den Süden nach Österreich. „Es war ein cooles Gefühl, endlich losfahren zu können“, erzählt Mayer. Nach einem kurzen Abstecher in Salzburg soll es dann an der Donau entlang über Bratislava, Budapest und Bukarest in Richtung Bulgarien und die Türkei und raus aus Europa gehen. Nicht immer sind die Zwanzigjährigen dabei ganz auf sich alleine gestellt: „In Rumänien und der Türkei haben wir Freunde und Familie, bei denen wir übernachten können und die uns übersetzen helfen“, berichtet Fischer.
„Sprung ins kalte Wasser“ – erste Asienreise für Fürther
In Südostasien war bislang noch keiner der beiden: „Das wird ein Sprung ins kalte Wasser“, meint Mayer. Aber schon seit Jahren beschäftigen sich die Fürther intensiv mit der japanischen Kultur. Mit der Zeit wuchs die Faszination für den fernöstlichen Inselstaat immer mehr: „Dann kam eins zum anderen und wir haben uns gedacht, das kann man eigentlich schon machen.“
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9000 Euro Budget – „Zuschauer bieten uns Unterstützung an“
Wenn die Fürther nicht gerade in die Pedale treten, verbessern sie ihre Japanischkenntnisse oder schneiden Reisevlogs. „YouTube und Social Media waren eigentlich eher als Speicherplatz gedacht.“ Erst später entstand die Idee, dass man die Sozialen Medien auch zur finanziellen Unterstützung verwenden könnte. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg: „Wir sind noch lange nicht so weit, dass man damit viel Geld verdienen könnte“, sagt der 21-Jährige.
Bis dahin leben die Fürther zum Großteil von ihren Ersparnissen: „9000 bis 10.000 Euro Budget haben wir beide eingeplant“, erzählen sie unserer Redaktion. Bis jetzt fahren sie gut mit dieser Strategie – bekommen aber auch unverhoffte Hilfe: „Uns haben auch schon Zuschauer gefragt, ob sie uns unterstützen können“, freuen sich die beiden. Und Unterstützung ist jederzeit gerne gesehen: „Wir wollen ja auch am Ende der Reise noch Geld übrig haben.“
Auf ihren Instagram-Accounts und berichten die beiden regelmäßig von ihren Erlebnissen und informieren über Themen wie Ausrüstung, Reiseapotheke, Ernährung, Reiseversicherungen und mehr. Auch auf ihrem YouTube-Kanal können Zuschauer die Reise verfolgen.
„Wäre lebensmüde direkt weiterzufahren“ – Fürther legen Ruhepause ein
Bis die jungen Männer das Land des Lächelns erreichen, liegt noch ein weiter Weg vor ihnen: Aktuell müssen Mayer und Fischer eine ärztlich verschriebene Ruhepause einlegen. „Natty hatte seit Tagen Druck auf der Brust und im Kopf, ich hab letzte Nacht Schüttelfrost bekommen und bin mitten in der Nacht komplett orientierungslos aufgewacht“, erzählt Fischer. „Es wäre fast schon lebensmüde, direkt weiterzufahren.“
In Österreich gönnen sich die beiden deshalb ausnahmsweise eine Nacht in einer Unterkunft. „Erstmal auskurieren“, heißt es jetzt. „Normalerweise sind wir die meiste Zeit draußen“, berichten die beiden. Nur in Salzburg verbrachten die Fürther eine Nacht im Hostel. Eine Nacht in geschlossenen vier Wänden ist für die Deutschen fast schon Luxus: „In der kältesten Nacht hatte es minus fünf Grad, gefühlt waren es minus zehn“, erzählt Fischer.
Zähneputzen vor dem McDonalds und Zelten bei Minusgraden – für Fischer und Mayer in den nächsten Wochen Alltag. © Kevin Mayer
„Weiß nicht, wie lange ich so eine Reise noch machen kann“ – mit Knochenerkrankung auf Weltreise
Die Ruhepause haben die Fürther wohl dringend nötig, Fischer kämpft ohnehin mit seiner Gesundheit – Er hat eine angeborene Knochenverformung am Knie. Auch deshalb wollte er die Reise unbedingt machen: „Ich weiß nicht, wie lange ich so eine Reise noch machen kann“, sagt der 20-Jährige. „Die erste Woche hab ich davon so gut wie gar nichts gemerkt“, erzählt Fischer. Erst nach der Alpenüberquerung kamen die Schmerzen – „Jetzt heißt es Zähne zam und durch.“
Um auf Weltreise zu gehen, kündigte Fischer auch seinen Ausbildungsplatz als Veranstaltungstechniker. Doch sein Arbeitgeber reagierte mit Verständnis, als sie den Grund erfuhren: „Sowas macht man nur einmal im Leben. So eine Reise vergisst man nie wieder, das ist mir mehr wert“, erklärt der 20-Jährige seine Entscheidung. Nach der Zwangspause geht es für Fischer und Mayer über Linz weiter nach Wien. Für eine Nacht wollten sie dort bei einem Freund unterkommen, bevor es weiter in Richtung Osteuropa geht.
Auch Simon Piwowarsky aus Zorneding im Landkreis Ebersdorf legte mit seinem Rad ein Jahr lang tausende Kilometer zurück. Seine Reise führte ihn über die USA und Neuseeland um die halbe Welt.
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